Die These der Geo-Lokalisierbarkeit von Internet-Storytelling, die der Soziologe Frédéric Martel aufstellt, lässt sich gut auf die regional verfasste Kulturpublizistik in der Schweiz übertragen.
Anlässlich der Konferenz „Identity Stories“ des Center for Storytelling, an dem u.a. die Hochschule Luzern und die ZHdK beteiligt sind, trafen sich am 13. November 2014 zahlreiche Berufsvertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und den Künsten. Zu den spannendsten Beiträgen gehörte auch derjenige des Soziologen Frédéric Martel. Seine Kernthese: „The Internet ist not a global conversation. It’s geo-localised. You stay in your sphere.“ Der Franzose bereiste in seiner Feldforschung fünfzig Länder und dokumentierte in seinem Buch Smart die jeweiligen länderspezifischen Vorlieben und Gewohnheiten in der Internetnutzung. Sein Fazit: Die Plattformen von heute mögen global sein, die darauf enthaltenen Informationen bleiben jedoch stets lokal und beziehen sich auf eine Community.
Das lässt sich auch in der Kulturpublizistik und im Kontext Schweiz gut mitverfolgen: Es gibt eine grosse Anzahl regional konzipierter Kulturmagazine. Ein Magazin wie Kunst Graubünden und Liechtenstein etwa basiert, auch was die Ressourcen betrifft, auf lokal-regionaler Verankerung. Was naheliegend und legitim scheint – das Interesse und die Lesezeit des Publikums beziehen sich darauf, dass die Themen und Akteure dieses Journalismus aus „ihrer“ Region stammen – kann aber auch Nachteile in sich bergen. Sprach- und kontextübergreifenden Beurteilungskriterien rücken unter Umständen in den Hintergrund. Es kann ein nach Isolation strebender und zeitgeistfremder Brutkasten entstehen. Dies wird immer dann überwunden, wenn ein Medium das lokale mit dem nationalen und internationalen Geschehen in einen Bezug setzt. Dies gelingt zum Beispiel bei den regionalen Magazinen Saiten (Ostschweiz) oder Coucou (Winterthur). Auch Quottom, welches sich auf den Kunst-Design-, und Kulturbetrieb in Zürich fokussiert, bietet internationale Inputs. Dabei wird in den verschiedenen Publikationskanälen – Blog/Website, Social Media und Printmagazin – stets auf eine starke Verankerung in den aktuellen Titel-Themen des vierteljährlich erscheinenden Heftes geachtet. Themen wie „Heimat und Wahnsinn“ oder das Bespielen des Quottom-Instagram-Kontos durch internationale Fotografen machen den Brückenschlag zwischen dem Lokalen und dem Globalen interessant.
Als Konklusion lässt sich sagen: Was für traditionsreiche, weltweit strahlende Magazine wie The New Yorker entscheidend ist – die Verankerung in einer Stadt oder Region, und die darauf aufbauende Weltoffenheit – gilt genauso für die besten regionalen Kulturmagazine der Schweiz. (SG)