„Ich möchte auf dem Panel Spass haben und etwas lernen“, sagt die Dame auf dem Podium, die uns im Rahmen der Veranstaltung unter dem Titel „Aus Kult wird Kultur“ das neue Verständnis vom Qualitätsfernsehen näher bringen will. Geht uns auch so und wir sind gespannt. Schliesslich nehmen die Fernseh-Dropouts in den letzten Jahren zu, und auch im Publikum wird es ein paar davon haben.
Wir befinden uns an den Münchner Medientagen. Auf dem von RTL veranstalteten Panel sitzen: der hauseigene Direktor Marketing und Kommunikation, vom Moderator mit Carlos angesprochen, die bereits erwähnte Dame, die als kritischer Geist und Jurymitglied des möglicherweise renommierten Grimme‑Preises vorgestellt wird sowie Ute, von der bis zum Schluss nicht wirklich klar ist, wer sie ist und was sie tut. Nach eigener Aussage liebt sie das Fernsehen, weil es Spass macht,uns erlaubt, faul zu sein und anderen beim Arbeiten zuzusehen – was sie selber, Fernsehfrau durch und durch, oft auf auf dem Sofa liegend tut. Dann ist da noch Dr. Thomas Bauer, ein eigens für das Panel eingeflogener, offenbar oft in Hotelzimmern übernachtender, weil weltweit tätiger Professor der Kommunikationstheorie.
Der stündigen Diskussion kann die Besucherin dann im Wesentlichen Folgendes entnehmen: Dschungelcamp ist, wenn man es gut findet, Qualitätsfernsehen. Trash ist entweder gut oder schlecht, aber jedenfalls meistens Kult. Qualität ist alles, was den Menschen Spass macht und was sie sehen wollen. Spass scheint überhaupt DAS Schlüsselkriterium für das Qualitätsfernsehen bei RTL 2 zu sein. Zweitens eventuell noch so etwas wie Einschaltquoten und Zielgruppenerreichung. Thomas Bauers Diskussionsbeiträge, etwa der Hinweis auf einen möglichen Widerspruch zwischen dem Qualitätsbegriff und einem ausschliesslich auf produkt- und quantitätsorientierte Kriterien fixierten Diskurs, wurden von der sich launig duzenden Fernsehfamilie wohlwollend und durchgehend ignoriert.
Des Weiteren wurde die These vertreten, dass wir das Fernsehen haben, welches wir verdienen und dass dieses deshalb – ganz folgerichtig – ein ganz tolles Produkt sei. Nur eine auf links gestrickte Volksmusiksendung fehlt vielleicht noch oder, wo doch das Fliegen heute so billig geworden ist, eine tolle Reisesendung, wenn man sich denn ganz unabhängig von Einschaltquoten und Zielgruppenerreichung etwas wünschen dürfte.
Das neue Verständnis von Qualitätsfernsehen ist offenbar weitgehend das bisherige und Kult wird dann zu Kultur, wenn das Dschungelcamp den Grimme-Preis erhält. Soweit, auch das war der Diskussion zu entnehmen, sind wir aber noch nicht. (KS)